in puncto DZB - 01 / 2018

01 2018

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

hätte sie sich nicht für den Beruf einer Schriftstellerin entschieden, wäre sie auch gern Ozeanographin oder Geologin geworden. Die Autorin Kerstin Preiwuß liest zur Leipziger Buchmesse in der DZB aus ihrem Buch „Nach Onkalo“. Wir stellen es Ihnen in dieser Ausgabe vor, in der natürlich auch die Autorin zu Wort kommt! Über ein viel prosaischeres Thema gibt Anja Lehmann, Übersetzerin und Korrekturleserin in der DZB, im Interview Auskunft. Es geht um die neue Brailleschriftsystematik, ein vom Brailleschriftkomitee überarbeitetes Regelwerk, das seit 1. Januar 2018 Gültigkeit hat. Lesen Sie außerdem, warum es kaum barrierefreie E-Books gibt und was das Industriemuseum Chemnitz mit der DZB zu tun hat.

Freuen Sie sich auf unsere Buchempfehlungen und erfahren Sie in unseren Kurzmeldungen Neues aus der DZB. Eine interessante Lektüre und genießen Sie die ersten warmen Frühlingstage!

Ihre Redaktion

Im Fokus

Wie E-Books für jedermann zugänglich werden

Knapp 25 Prozent aller Bundesbürger lesen E-Books, am eifrigsten dabei sind 14- bis 29-Jährige mit 37 Prozent. Und blinde und seheingeschränkte Menschen oder Menschen mit einer Leseschwäche? Für diese wären elektronische Bücher erst recht von Vorteil. Doch es gibt kaum E-Books, die barrierefrei sind. Über ein interessantes Projekt in der DZB und warum es so schwer ist, elektronische Bücher für alle zu produzieren. Ein Beitrag von Gabi Schulze.

„Eigentlich wäre es schön, wenn Barrierefreiheit ein Qualitätsmerkmal für alle E-Books sein könnte“, schwärmt Sarah Bohnert und Lars Voigt ergänzt: „Ja, das E-Book sollte wirklich in Zukunft für jedermann lesbar sein. Leider gibt es noch viel zu viele Hürden bei der Herstellung barrierefreier elektronischer Bücher.“ Die beiden jungen Mitarbeiter in der DZB machen sich Gedanken darüber, wie E-Books schneller und effektiver barrierefrei hergestellt werden können. Sie entwickeln ein einfaches und nutzerfreundliches Werkzeug, damit Verlage schon von Herstellungsbeginn an E-Books auf Barrierefreiheit prüfen können. Dass sie mit ihrem Projekt BACC (Born Accessible Content Checker) zu den Finalisten eines Wettbewerbs gehören, der barrierefreien Zugang für digitale Medien zum Thema hat, spornt die beiden natürlich an. „Es wäre toll, wenn wir gewinnen“, freut sich Sarah Bohnert und lächelt, „wenn nicht, dann haben wir jedenfalls unser Projekt und die DZB bekannter gemacht.“

Warum es kaum barrierefreie E-Books gibt

Verlage müssen E-Books erst aufbereiten, damit diese barrierefrei werden. Die Investition in entsprechendes Know-how und die richtigen Produktionswerkzeuge kostet Geld. Solange sich die Umstellung der Prozesse aber nicht wirtschaftlich rechnet, scheuen die meisten Verlage den Kostenaufwand. Und hier kann die innovative Software-Lösung BACC die Verlage unterstützen. Sie ist bisher die einzige webbasierte Software auf dem Markt und baut auf dem ACE-Tool des DAISY-Konsortiums auf. „Nicht alle Hersteller kennen die Bedürfnisse, die Menschen mit Seheinschränkung an digitale Publikationen haben“, erklärt Software-Entwickler Lars Voigt. „Wir bündeln in unserer Software-Lösung das Wissen um die Herstellung barrierefreier E-Books.“

Während Lars Voigt die grafische Oberfläche des Online-Tools zeigt, erklärt Sarah Bohnert, die erst vor Kurzem ihre Masterarbeit mit Bravour verteidigt hat und für die barrierefreien Inhalte der Software verantwortlich ist: „Je komplexer die Strukturen eines Buches sind, beispielsweise Fachliteratur, desto komplizierter ist die barrierefreie Aufbereitung des E-Books. Wir raten den Herstellern, ihre Bücher gleich von Anfang an barrierefrei zu gestalten. Diese nachträglich zugänglich zu machen, ist viel zu aufwändig.“

Software mit schnellem Prüfergebnis

Barrierefreie E-Books haben, ähnlich wie DAISY-Hörbücher, einen sauber strukturierten Inhalt, eine logische Lesereihenfolge, Daten zur Information über das Buch, eine ausgezeichnete Sprache, beschreibende Texte für Bilder und Grafiken. Diese Richtlinien sind internationaler Standard, der die Grundlage für barrierefreie elektronische Publikationen bildet. Er ist die Voraussetzung für die Flexibilität der E-Books: Seheingeschränkten Menschen ist es möglich, beispielsweise Schriftart, Schriftgröße und Kontraste individuell festzulegen. Blinde können sich das E-Book vorlesen lassen und über das Inhaltsverzeichnis zu verschiedenen Kapiteln direkt navigieren.

Die Software testet das E-Book auf Basis dieses internationalen Standards und liefert den Verlagen ein schnelles Prüfergebnis, das auch im Detail jeden einzelnen Regelverstoß wiedergibt. Es zeigt an, wie barrierefrei das E-Book ist, und gibt Empfehlungen zur Nachbesserung. „Je einfacher die Software, desto eher wird diese von den Verlagen angenommen“, so Lars Voigt. „Von Vorteil ist zum Beispiel eine Liste aller Alternativtexte für Bildbeschreibungen. So können die Verlage überprüfen, ob beschreibende Texte vorhanden und wie sinnvoll sie sind.“

Gerade Fachliteratur veraltet im digitalen Zeitalter sehr schnell. Sarah Bohnert und Lars Voigt wissen, dass deren herkömmliche Übertragung in Brailleschrift sehr lange dauert. Barrierefreie E-Books wären deshalb eine Alternative für blinde Schüler, Lehrer, Studenten und Wissenschaftler. Aber auch im Bereich Belletristik und Sachliteratur könnten E-Books das barrierefreie Literaturangebot erweitern und schnelleren Zugang ermöglichen.

Egal, ob die beiden nun den Wettbewerb gewinnen, ihr Online-Tool für Hersteller von E-Books ist auf alle Fälle eine große Chance, inklusives Publizieren zu erleichtern, und ein Schritt weiter in Richtung barrierefreie Literatur für blinde und sehbehinderte Menschen.

Reliefführer: Zeitreise durch die sächsische Industriegeschichte

Immer mehr Museen greifen den Gedanken der Inklusion auf und beginnen ihre Ausstellungsräume so zu gestalten, dass sie für jedermann zugänglich sind. So auch das Industriemuseum Chemnitz. Ein Beitrag von Gabi Schulze.

Es ist die Größe der Ausstellungsstücke, die jeden Besucher des Museums fasziniert. Eine Dampfmaschine von acht Metern Länge mit 23 Meter langen Sisalseilen, die die erzeugte Energie zu einem Generator weiterleiten, eine sechs Meter lange Spinnmaschine mit 152 Spindeln und eine 12 Meter lange sowie 5 Meter hohe Lokomotive aus dem Jahr 1910 gehören zu den Exponaten, die im Industriemuseum in Chemnitz ausgestellt sind. Auf circa 3500 qm lädt das Museum zu einem Streifzug durch 220 Jahre sächsischer Industriegeschichte ein. Diese imposante Größe im Kleinen darzustellen, damit blinde und sehbehinderte Besucher sich ein Bild von den Ausstellungsstücken machen können, war das Ziel des Reliefführers durch die Dauerausstellung des Industriemuseums. „Ich habe ähnliche Reliefführer in anderen Museen gesehen, die von der DZB produziert wurden. Da wir unser Museum ein Stück weit barrierefreier gestalten wollen, haben wir uns an die DZB gewandt“, sagt Sandra Dannemann, Museumspädagogin.

Von imposanten Maschinen und filigranen Spindeln im Relief

Im Auftrag des Industriemuseums fertigte die DZB einen Reliefführer an, der zehn Folienreliefs mit unterlegten Farbdrucken beinhaltet. Technikinteressierte Besucher erhalten mit dem Reliefbuch einen informativen Begleiter durch das Museum, der ergänzend zu ausgewählten wichtigen Exponaten im Relief auch über deren Aufbau, Größe und Funktionsweise in Brailleschrift und MAXI-Druck informiert. Beispielsweise sind im Relief zu tasten und betrachten oben erwähnte funktionsfähige Dampfmaschine von 1896 aus der Chemnitzer Maschinenfabrik Germania, ein DKW F1, eines der ersten deutschen Automobile mit Frontantrieb, eine Wagen-Spinnmaschine usw. Letzteres Motiv war von den zehn Reliefs wohl auch am schwierigsten umzusetzen. „Die meisten Exponate der Ausstellung haben sehr viele Details, die das taktile Bild überlasten würden. Deshalb haben wir die Vorlagen auf die wichtigsten Elemente reduziert, die der Blinde dann gut erkennen kann“, erklärt Relieftechnikerin Anke Nordmann. „Bei der Spinnmaschine war das sehr schwer. Wir mussten sehr viele filigrane Spindeln mit Spulen darstellen, um den Charakter der Maschine zu erhalten.“ Als Grundlage für die Realisierung der Reliefs dienten Fotos der Ausstellungsstücke. Sie waren wichtig beim Zeichnen der Illustrationen und für den Bau der Matrizen (Vorlage zum Tiefziehen der Reliefs).

Außer den Exponaten beinhaltet der taktile Museumsbegleiter zwei Orientierungspläne, einen Grundriss der Dauerausstellungshalle und der Schlosserwerkstatt. Aber auch von außen kann man sich ein Bild von dieser beeindruckenden „industriellen Kathedrale“ machen, in der sich früher Eisengießereien befanden. Gleich auf den ersten Seiten lädt das Begleitbuch ein, die markante Fassade des Gebäudes mit seinen großen Rundbögen zu ertasten.

Zum Anfassen zu groß, im Relief tastbar

„Der Museumsführer liegt nun an der Kasse aus und kann dort von Besuchern ausgeliehen werden“, sagt Sandra Dannemann. „Natürlich können auch Führungen für blinde und sehbehinderte Besucher gebucht werden. Dann wird der Reliefführer auch genutzt.“ Die Museumspädagogin empfiehlt, sich vom fachkundigen Personal Maschinen in Funktion zeigen zu lassen. Das ist ein besonderes akustisches Erlebnis und der Vorführer kann die Funktionsweise erklären. „Unbedingt sollten die Besucher auch unsere Schlosserwerkstatt aufsuchen. Sie zeigt den Technikstand von vor ca. 100 Jahren, wo Werkzeugmaschinen noch über Riemen und Wellen angetrieben wurden. Ebenso interessant sind die Textilmaschinen im Untergeschoss. In Betrieb genommen veranschaulichen sie die Entstehung einiger Textilprodukte von der Faser bis zur fertigen Ware“, erzählt die Museumspädagogin. Aber auch andere Maschinen und Fahrzeuge sind vor Ort tastbar, wie beispielsweise alte Schreibmaschinen und Wählscheibentelefone.

Wie hilfreich der Reliefführer beim Erschließen der Exponate ist, davon überzeugten sich vor Kurzem auch Schülerinnen und Schüler einer 8. und 9. Klasse der Landesblindenschule Chemnitz. Sie haben das taktile Begleitbuch getestet und es als sehr gut und detailliert befunden. Mithilfe der Reliefs konnten sie sich ein Bild von den Exponaten in der Vitrine machen und sich vorstellen, wie die Maschinen aussehen, die zum Tasten zu groß sind.

Führungen
Tel.: +49 371 3676 410
E-Mail: muspaed@saechsisches-industriemuseum.de
Internet: www.saechsisches-industriemuseum.de

Öffnungszeiten:
Di – Fr: 9 bis 17 Uhr
Sa, So, Feiertag: 10 bis 17 Uhr
Montag: geschlossen

Anfahrt: Das Museum ist erreichbar über A 4 (Abfahrt Chemnitz-Nord) über Leipziger Straße (B 95), A 72 (Abfahrt Chemnitz-Süd) über Neefestraße (B 173) Richtung Zentrum/Zwickauer Straße.

Interview

Die DZB im Jahr 2017

Über DZB-Höhepunkte 2017, ein neues E-Book-Projekt, bevorstehende Aufgaben und persönliche Wünsche – Prof. Dr. Thomas Kahlisch, Direktor der DZB, gibt in einem Interview Auskunft.

Was waren Ihrer Meinung nach die wichtigsten Ergebnisse bzw. Höhepunkte im vergangenen Jahr für die DZB?

Ein großer Erfolg waren die DZB-App, unser ständig wachsendes Download-Angebot und natürlich auch die zunehmende Anzahl an Nutzern, die die Hörbücher herunterladen. Als neues Angebot hat sich auch die Hörfilm-Ausleihe etabliert, d. h. Nutzer können die Tonspuren von Filmen mit Audiodeskription ausleihen. Hervorheben möchte ich auch noch den Produktionsbeginn der neuen Kinderbuchreihe „Klapperlapapp“, das erste Buch der Reihe ist vor Kurzem bei uns erschienen, und den gelungenen Start unseres Beratungsmobils, das in ganz Sachsen auf großes Interesse stößt.

Stichwort BIKOSAX: Mit diesem Dienstleistungsangebot unterstützt die DZB Verwaltungen, sächsische Behörden, Kultureinrichtungen und Unternehmen bei der Erstellung barrierefreier digitaler Informations- und Kommunikationsangebote. Wie hat sich diese Dienstleistung in der DZB etabliert?

Die Nachfrage wächst ständig. Im vergangen Jahr hat das BIKOSAX-Team den Rahmenvertrag mit der sächsischen Staatskanzlei überarbeitet und ein Barrierefreiheitszertifikat entwickelt, das bereits an zwei Web-Auftritte verliehen werden konnte.

Im letzten Jahr an dieser Stelle haben Sie auf die Frage, was Sie 2017 regeln wollen, die Planung eines neuen E-Book-Projektes angeführt. Was können Sie uns darüber berichten?

Seit dem Sommer läuft das Projekt BACC (Born Accessible Content Checker). Im Rahmen dieses Vorhabens wird zusammen mit dem DAISY-Konsortium ein Prüfwerkzeug für Verlage entwickelt, das es ermöglicht, den Grad der barrierefreien Gestaltung von E-Books zu ermitteln. Das Projekt läuft bis Ende 2018 und wird uns viele Anknüpfungspunkte zu Verlagen verschaffen. Auf der Grundlage dieser Zusammenarbeit wollen wir blinden und sehbehinderten Menschen digitale Inhalte anbieten. Bevor wir mit einem eigenen E-Book-Angebot in der DZB starten können, müssen noch viele Dinge geklärt und vorbereitet werden. Ich muss also noch um etwas Geduld bitten.

Stichwort Marrakesch-Vertrag: Da hat sich ja einiges auf politischer Ebene ergeben. Was bedeutet die Ratifizierung des Marrakesch-Vertrages in Deutschland für die DZB? Inwieweit hat sich die DZB damit beschäftigt?

Na, noch hat Deutschland nicht ratifiziert. Wir reden gerade mit der Bundesregierung und sind auf den Referentenentwurf des entsprechenden Teils des Urheberrechtsgesetzes gespannt. Mit Marrakesch werden wir unsere Angebote für neue Nutzergruppen ausweiten können. Auch wird es möglich, fremdsprachige Werke in die Ausleihe zu übernehmen. Diese neuen Aufgaben müssen geplant und finanziert werden. Wir befassen uns hausintern mit diesen Themen sehr intensiv, damit wir handlungsfähig sind, wenn der Gesetzgeber endlich liefert.

Welche wichtigen Aufgaben stehen 2018 für die DZB an?

Möglichst viele Bücher und Zeitschriften für unsere Leserinnen und Leser und Hörerinnen und Hörer zu produzieren sowie die Nutzer gut zu beraten. Dazu kommen unsere Vorbereitungen auf die Marrakesch-Umsetzung, der Ausbau unserer digitalen Angebote sowie die Vorbereitungen auf das Louis-Braille-Festival 2019.

Welche persönlichen Wünsche haben Sie für 2018?

Wie immer, mehr Sport und mehr Zeit für Familie und meine Gitarrensammlung.

Welches tolle Buch haben Sie 2017 gelesen und möchten es gern weiterempfehlen?

„Als ich fortging“ ─ ein sehr unterhaltsames Buch über die Rockmusik der DDR.

Kurz gemeldet

Neue geografische Karten für Deutschland-Atlas fertig

Deutschland wächst weiter zusammen – zumindest, was die Produktion der neuen Deutschlandkarte mit ihren Teilen in der DZB angeht. Neben der Gesamtkarte – die Deutschlandübersicht mit allen Bundesländern – sind nun 7 Reliefkarten mit den einzelnen Bundesländern und Stadtstaaten verfügbar. Aktuell hinzugekommen und ab jetzt im Verkauf erhältlich sind die geografischen Karten für Brandenburg mit Berlin und Nordrhein-Westfalen. Zudem sind bereits fertig: Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein mit Hamburg und Niedersachsen mit Bremen.

Alle Karten sind für Reliefanfänger auch in der vereinfachten Einsteigerversion erhältlich.

Anmerkungen zu Kalendern im MAXI-Druck

Die DZB möchte ihre Angebote zeitgemäß und kundenorientiert weiterentwickeln. Deshalb haben wir unseren Kalendern im MAXI-Druck 2018 eine neue Gestaltung gegeben. Als Grundlage verwendeten wir eine besondere Schriftart – die „Neue Frutiger 1450“. Sie wurde nach wissenschaftlichen Kriterien eigens für Leser mit Sehbeeinträchtigungen entwickelt. Der DBSV und Schriftexperte Prof. Florian Adler testeten diese und weitere Schriften mit betroffenen Menschen in einem großangelegten Projekt. Wenn auch knapp, landete die „Neue Frutiger 1450“ auf Platz 1 der Bewertung. Sie wird seitdem vom DBSV als Schrift etwa in „Sichtweisen“ verwendet. Für DZB-Produkte kam die Schrift erstmals bei den MAXI-Druckkalendern zum Einsatz. Daraufhin erreichten uns jedoch Rückmeldungen, in denen die Kunden uns mitteilten, dass die Schrift schlechter lesbar ist. Diese Hinweise nehmen wir dankend an, denn gerade solche Informationen sind bei neu entwickelten Produkten wichtig. Sie helfen uns diese besser zu machen. Und so werden wir berechtigte Hinweise bei der Kalenderproduktion für 2019 berücksichtigen und unsere Kalender weiter optimieren. Versprochen!

Übrigens: Am markantesten ist bei der Schrift „Neue Frutiger 1450“ (nach DIN-Norm 1450) die Null, sie hat einen Punkt in der Mitte um Verwechslung mit dem O zu vermeiden, und das kleine L, das ein ein Füßchen hat, um nicht mit dem großen I verwechselt zu werden.

Die großen Events im Frühjahr – mit der DZB

Buch voraus – das ist das Motto der diesjährigen Leipziger Buchmesse. Und die DZB ist wieder mittendrin. Vom 15. bis 18. März herrscht auf dem Gelände der Messe mit Sicherheit ein großer Andrang von Bücherfreunden jedweder Leserichtung. Und so werden auch am Stand der DZB in Halle 3 (Stand B 301) die Angebote des Hauses – Braille-, Relief- und MAXI-Druck-Produkte – bestaunt, nachgefragt und gern angefasst. Tipp: Am Buchmesse-Freitag findet „Leipzig liest“ in der DZB statt – siehe auch den gesonderten Artikel in dieser Ausgabe.

Weiter geht’s im April. Da ist am 23. der Welttag des Buches und dazu beliefern wir deutschlandweit Blindenschulen mit dem eigens in der DZB produzierten Welttagsbuch. „Ich schenk dir eine Geschichte“ ist für blinde und sehbehinderte SchülerInnen und deren Lehrer schon zu einem wahren Jahresevent geworden.

Vom 25. bis 27. April folgt dann die traditionsreiche Spezialmesse „SightCity“ in Frankfurt/M. Hier finden uns Besucher wieder an gleicher Stelle wie 2017 – am Stand E 1. Natürlich ist unser Messeteam mit neuen Angeboten aus der DZB am Start und freut sich auf viele kauflustige Gäste.

Im Mai lockt eine Großveranstaltung jedes Jahr tausende Nachtschwärmer in Leipziger und Hallenser Museen und Ausstellungen: Die diesjährige Museumsnacht am 5. Mai steht unter dem Motto Kult. Wir sind wieder mit einem nächtlichen Programm dabei und behaupten selbstbewusst – die DZB IST KULT!

Hier gibt es jetzt „Klapperlapapp“

Es ist bereits von der Neuproduktion berichtet worden – nun ist das Klappbilderbuch „Klapperlapapp – Formen und Oberflächen“ im DZB-Verkauf erhältlich. Es kostet 14,90 Euro. Mit dem Buch, das sehr unterschiedliche Farben und Materialien, große Schrift und Brailleschrift vereint, können Kinder Formen und Oberflächen entdecken. Die einzelnen Pappseiten des Büchleins sind geteilt und es gilt durch Hin- und Herblättern die passende andere Hälfte zu finden – etwa vom Kreis, Dreieck, Quadrat und Stern. Ein lehrreicher Spaß!

Leipzig erwartet 2019 viele Gäste

Louis Braille zu Ehren und unter seinem Namen wird 2019 nun schon zum vierten Mal ein Festival ausgerichtet, das den Gedanken der Inklusion in die Öffentlichkeit trägt. Die Deutsche Zentralbücherei für Blinde (DZB), die im gleichen Jahr auch ihren 125. Geburtstag feiert, lädt gemeinsam mit dem DBSV vom 5. bis 7. Juli nach Leipzig zu einem Fest der Begegnung zwischen blinden, sehbehinderten und sehenden Menschen ein. Sowohl die Gastgeber als auch der DBSV sind schon seit einiger Zeit dabei, in Zusammenarbeit mit Leipziger Institutionen ein vielfältiges Programm zu organisieren, das Menschen mit und ohne Seheinschränkung mitgestalten und gemeinsam erleben können. Egal ob Theater, Kino, Lesungen oder Markt der Begegnung ─ das Festival wird eine Vielzahl an künstlerischen, kulturellen und sportlichen Aktivitäten für Jung und Alt, Familien und Freunde, für die Leipziger und ihre Gäste bieten.

Also, bitte vormerken: 5. bis 7. Juli 2019 Louis-Braille-Festival in Leipzig

Anmeldung und Hotelreservierungen ab Frühjahr 2018. Claudia Schaffer (DBSV) und Sandra Plessing (DZB) freuen sich auf Ihre Ideen und Anregungen (bitte per E-Mail an info@dbsv-festival.de).

Aktuelle Infos zum Louis-Braille-Festival 2019: www.dbsv-festival.de

Leipziger Buchmesse

Lesung mit Kerstin Preiwuß: Auf der Suche nach dem kleinen Glück

„Leipzig liest“ so heißt es auch 2018 zur Buchmesse in Leipzig. Die DZB ist wieder mit dabei und lädt am 16. März, um 20 Uhr, zu einer Lesung mit Kerstin Preiwuß ein. Die Schriftstellerin wird aus ihrem neuen Buch „Nach Onkalo“ vorlesen. Ihr Roman stand im letzten Jahr auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Gabi Schulze stellt es vor.

Matuschek beobachtet gern. An erster Stelle natürlich das Wetter. Er war Wetterbeobachter am nahe gelegenen Flughafen. Er beobachtet aber auch gern seine Tauben, die er fliegen lässt und deren Rückkehr er sehnsüchtig erwartet. Und er beobachtet seinen neuen Nachbarn, der sich Pakete schicken lässt und oft nicht zuhause ist.

Matuschek ist 40 und lebt in der mecklenburgischen Provinz der Wendezeit, die trostloser nicht sein kann – brachliegende Landschaften, verlassene Dörfer, Menschen ohne Arbeit, zu denen auch bald Matuschek gehört. Eigentlich braucht er nicht mehr als ein Zuhause, seine Tauben, zum Angeln ein Boot und seine Arbeit. Das reicht ihm fürs Leben. Doch nach dem Tod seiner Mutter entgleitet ihm dieses: zunächst sein kurzes Liebesglück mit Irina, seine Freundschaft mit Igor, sein Job. Unsicherheit, Chaos und Angst machen sich breit. Er beginnt zu trinken, lebt in der Vergangenheit, lässt sich gehen und kümmert sich nicht mehr um sein Haus und seine geliebten Tauben. Sein Traum, nach Norwegen zu fahren und Lachse zu fangen, ist verflogen. Doch die Autorin glaubt an ihren Protagonisten und gibt ihm eine Chance. So wie seine Tauben immer wieder zurück in den Schlag fliegen, so findet auch Matuschek seinen inneren Kompass und mit dessen Hilfe wieder zurück ins Leben.

Kerstin Preiwuß entwickelt in ihrem Buch ein sensibles Gespür für die Seen- und Seelenlandschaften der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern. Sie erzählt in der einfachen Sprache Matuscheks vom Überlebenskampf ihres Protagonisten, der sich auf der Suche nach dem kleinen Glück über Wasser hält und dabei fast untergeht.

Kerstin Preiwuß: Nach Onkalo
Berlin Verlag 2017

Das Buch wird in der DZB in Brailleschrift übertragen und ist ab Mitte März im Braillebuchbestand der DZB. Das Hörbuch erscheint demnächst und kann ausgeliehen werden.

Sechs Fragen an Kerstin Preiwuß

Was bedeutet Ihnen die mecklenburgische Provinz?

Ich komme aus Mecklenburg, kenne die Küste wie das Hinterland. Es ist eine Landschaft mit Leuten, Mecklenburg-Vorpommern ist das am dünnsten besiedelte Bundesland. Die Landschaft sagt dort mehr als die Leute, die gern schweigen. Das hat mich geprägt und weckt in mir bis heute Sehnsucht. Es ist aber auch ein Landstrich, der immer mehr ausdünnt und in dem oft ein stilles Elend die Überhand gewinnt. Und das will ich bei aller Schönheit nicht verschweigen.

Warum haben Sie einen männlichen Protagonisten gewählt?

Er fiel mir vor Jahren ein und ich wollte ihm eine Geschichte geben. Es tat gut, mich in jemanden hineinzuversetzen, der sehr weit weg von mir ist. Darüber hinaus war es ein Anreiz, jemandem zu folgen, der einen nicht selbst bestätigt. Man muss sich nicht zwingend mit seinen Figuren identifizieren, man kann auch über sie nachdenken und anhand ihres Lebens etwas von dem verstehen, was im Leben vor sich geht. Es ging mir um sein Leben, nicht um meins. Ich würde sagen, er war einfach da und ich habe ihn nie in Frage gestellt. Also keine bewusste Entscheidung für einen Mann.

Warum haben Sie ihrem Matuschek am Ende doch noch eine Chance gegeben?

Matuschek ist in meinen Augen kein Verlorener, eher jemand, der weitestgehend glücklos agiert lernen muss, damit zurechtzukommen. Dieser Übergang hat mich interessiert: Wir erwarten stets, dass unser Leben gelingt, wissen aber nicht mit dem Scheitern umzugehen. Matuschek ist, wenn auch unbewusst, ein starker Charakter, der niemandem die Verantwortung für sein Leben gibt und genau das ermöglicht ihm dann am Ende, weiterzumachen. Alle anderen scheitern tatsächlich an ihren Irrtümern, allein Matuschek schafft es, sich einzurichten mit dem Leben, das er hat.

Warum dieser Titel? Ist er metaphorisch gemeint?

Onkalo ist ein kleiner Ort in Finnland und gleichzeitig das erste Atommüllendlager der Welt. Es braucht allein 200 Jahre, um dieses Lager unterirdisch anzulegen, also länger als ein Menschenleben. Dafür aber soll es für 100.000 Jahre halten, denn so lange strahlt der Atommüll. Das ist der Hintergrund, den ich dem Buch still mitgebe. Was bedeutet unser Leben, unser Fortschrittsglaube, unser Streben nach Glück dann noch, wenn einzig unser Atommüll von uns bleibt? Onkalo zwingt einen diese Fragwürdigkeit auszuhalten. Vor diesem Hintergrund macht Matuscheks Irrweg dann doch wieder Sinn, denn er schafft es, seinen Alltag aufrechtzuhalten und nicht mehr zu wollen, als das.

Wenn Sie nicht Schriftstellerin geworden wären, was wären Sie dann?

Als Kind wollte ich immer Meeresforscherin werden, aber da ich vor Jahren die Entscheidung für mich getroffen habe, als Schriftstellerin zu leben und dafür andere Möglichkeiten ausgeschlagen habe, stellt sich die Frage nicht mehr. Man wird das nicht einfach, man muss sich auch dafür entscheiden, samt aller Unsicherheit, die damit einhergeht. Darüber hinaus habe ich die wunderbare Möglichkeit, durch mein Schreiben viele Berufe kennenzulernen, indem ich für meine Bücher recherchiere. Manchmal wär ich dann auch gern selbst Geologin oder Ozeanographin.

Welches Buch, das Sie gelesen haben, würden Sie gern unseren Leserinnen und Lesern empfehlen?

Gern auch eine ganze Reihe: Die Naturkunden aus dem Verlag Matthes und Seitz. Da gibt es Bücher über Federn, Heringe, Wölfe, Schnecken, Äpfel und Birnen, über die ältesten Bäume oder die ältesten Wege der Welt. Manche Bücher suchen die Wildnis, andere besuchen immer wieder den gleichen Berg, wieder andere übersetzen die Gesänge der Vögel. Es sind vorzügliche Wissensspeicher, die einen immer wieder staunen lassen über den Reichtum und die Besonderheit der Welt, in der wir leben.

(Anmerkung der Redaktion: Einige Bücher der Reihe gibt es auch in Brailleschrift in der DZB)

Über die Autorin

Geboren 1980 in Lübz (Mecklenburg), lebt als freie Autorin mit ihrer Familie in Leipzig. 2006 debütierte sie mit dem Gedichtband „Nachricht von neuen Sternen“. 2012 erschien ihr zweiter Gedichtband „Rede“, der von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in die Liste der Lyrikempfehlungen des Jahres aufgenommen wurde. 2014 erschien ihr vielbeachtetes Romandebüt „Restwärme“, 2016 ihr Lyrikband „Gespür für Licht“ im Berlin Verlag. Kerstin Preiwuß ist Mitglied des P.E.N.

Nahaufnahme

Was ist neu an der überarbeiteten Brailleschrift-Systematik?

Es ist schon lange her, als 1998 anlässlich der Rechtschreibreform ein neues Regelwerk zur Brailleschrift im deutschsprachigen Raum veröffentlicht wurde. Nach 20 Jahren hat das Brailleschriftkomitee der Deutschsprachigen Länder nun ein überarbeitetes Regelwerk vorgelegt, das seit 1. Januar 2018 Gültigkeit hat. In der DZB erscheinen deshalb seit Anfang des Jahres Bücher und Zeitschriften nach dem neuen Regelwerk. Wir sprachen mit Anja Lehmann, Übersetzerin und Korrekturleserin in der DZB, über die neue Systematik und deren Änderungen.

Sie sind Mitglied des Brailleschriftkomitees der Deutschsprachigen Länder. Warum arbeiten Sie im Komitee mit?

2009 wurde das Brailleschriftkomitee neu aufgestellt. Wichtige Organisationen der Blindenselbsthilfe und der Blindenbildung erhielten das Recht, Delegierte mit hoher Brailleschriftkompetenz in das Komitee zu entsenden. Ich war damals seit zwei Jahren in der DZB als Korrekturleserin tätig. Prof. Dr. Thomas Kahlisch, Direktor der DZB und Präsidiumsmitglied des DBSV, fragte mich, ob ich mir eine Arbeit im Komitee vorstellen könnte. Ich sagte zu, um die Erfahrungen aus der Brailleproduktion der DZB in die Arbeit am Regelwerk einbringen zu können, da ich ja auch noch als Brailleschriftnutzerin in einem ganz anderen Beruf arbeite, ist es mir ein Anliegen, die Sicht derjenigen zu vertreten, die die Brailleschrift zwar intensiv nutzen und für ihre Arbeit brauchen, sich aber nicht intensiv mit dem Regelwerk beschäftigen.

Die vom Brailleschriftkomitee überarbeitete Systematik sorgte bei einigen Nutzern für Unmut, weil es sie zurzeit weder im Schwarzdruck noch in Brailleschrift gibt …

Leider hat es Verzögerungen bei der Erstellung unseres neuen Regelwerks im Schwarzdruck gegeben, und da Braille- und Schwarzdruck gemeinsam erscheinen, müssen wir noch warten, bis alles fertig ist. Auf unserer Website www.bskdl.org kann aber das Vorwort abgerufen werden, in dem alle Änderungen erklärt und kurz begründet werden.

Die Nutzer werden vor allem die abgeschafften Kürzungen bemerken. Vielleicht fallen auch andere kleine Änderungen auf. Aber um Bücher und Zeitschriften lesen zu können, müssen die Nutzer keine neuen Regeln lernen.

Kommen wir zum eigentlichen Inhalt des neuen Regelwerks, das vom Brailleschriftkomitee redaktionell und sprachlich grundlegend überarbeitet wurde. Bitte erläutern Sie uns das näher!

Das Regelwerk zur Brailleschrift, das 1998 veröffentlicht wurde, ist nun schon 20 Jahre alt. Seitdem hat sich die Sprache verändert, sodass Ergänzungen und Anpassungen notwendig wurden. 2005 gab es geringfügige Regeländerungen und 2011/2012 wurden dem System ein paar neue Zeichen hinzugefügt, vor allem für verschiedene Klammern. Uns ging es darum, diese Ergänzungen in die neue Systematik einzuarbeiten und damit gleichzeitig das Regelwerk so zu überarbeiten, dass es einfacher und allgemein verständlicher wird. Besonders hervorheben möchte ich, dass zusätzliche Beispiele jetzt die Regeln veranschaulichen. Sie verhindern, dass beim Anwender Missverständnisse oder Unklarheiten auftreten. Auch gibt es Definitionen für Fremdwörter. Das Regelwerk ist generell besser strukturiert und beinhaltet aussagekräftigere Überschriften.

Können Sie einige Beispiele nennen, die belegen, dass das neue Regelwerk jetzt allgemein verständlicher ist?

Wir haben das Regelwerk jetzt stärker unterteilt und uns bemüht, den meist sehr kurzen Kapiteln so aussagekräftige Überschriften zu geben, dass man hoffentlich auf der Suche nach Informationen schnell fündig wird. Die Mitarbeiter der Abteilung Blindenschriftherstellung der DZB machen schon gute Erfahrungen, und ich bin gespannt, was andere Nutzer sagen, wenn das Werk erschienen ist.

Beinhaltet das Regelwerk auch neue Themen und Kapitel?

Neu ist beispielsweise ein Kapitel, das sich mit allgemeinen Fragen der Übertragung von Schwarzschrift in Brailleschrift beschäftigt. Überhaupt stehen mehr Fragen im Vordergrund, die sich damit beschäftigen, wie eine Schwarzschriftvorlage in Brailleschrift umgewandelt werden kann.

Wir haben eine Liste der wichtigsten Zeichen des 6-Punkt-Computerbrailles zusammengestellt. Normalerweise besteht das Computerbraille auf der Braillezeile aus 8 Punkten, aber es gibt eine Möglichkeit der Darstellung mit 6 Punkten, die die DZB z. B. für Website-Adressen verwendet. Nun kann man die Zeichen, die dabei vorkommen, im Brailleregelwerk nachschlagen.

In der neuen Braille schrift -S ystematik wurden Kürzungen, die sich in der Praxis nicht bewährt haben, abgeschafft oder deren Regeln zur Anwendung geändert. Welche Gründe gibt es dafür?

Es gibt sehr unterschiedliche Gründe für den Verzicht auf Kürzungen. Meist sind es Leseschwierigkeiten oder Probleme mit dem Lesefluss. Menschen, die nicht so schnell lesen, erkannten bei den zweiformigen Kürzungen „bl“ für „blind“, „fr“ für „frag“, „ph“ für „philosoph“ und „sp“ für „sprach“ nicht immer sofort, ob es sich um eine Kürzung oder eine normale Buchstabenfolge handelte. Um ganz sicher sein zu können, mussten drei bis vier Zeichen ertastet werden. Auch die Kürzung „mn“ für „Mann“ haben wir abgeschafft. Da auch die Buchstabenfolge „mn“ in Eigennamen vorkommt, konnten sich Leser einer vollautomatischen Übertragung nicht immer sicher sein, was im Original stand. Außerdem wurden die Kürzungen für „aus“ und „ion“ abgeschafft. Auch sie machten vor allem bei der vollautomatischen Übertragung von fremdsprachigen Wörtern und Eigennamen Schwierigkeiten.

Im Regelwerk findet man auch Anpassungen, die sich aus den Änderungen der Schwarzschrift ergeben. Welche sind das?

Da fällt mir ganz aktuell das große „ß“ ein. Wenn es in Großbuchstabenfolgen vorkommt, werden diese angekündigt und wir können das uns bekannte Zeichen nutzen. Um dies zu zeigen, haben wir das Beispiel MEGAGROßE PIZZA eingefügt.

Gibt es auch Nachteile, die das neue Regelwerk mit sich bringt?

Ein Nachteil ist eventuell, dass die Brailleschrift-Systematik jetzt viel dicker ist als vorher, weil viele Beispiele genannt werden. Außerdem tut es mir persönlich um jede Kürzung leid, die abgeschafft wurde. Ich bin u.a. Dolmetscherin, und da muss man sehr schnell Notizen machen können, ohne die Konzentration vom gesprochenen Text abzulenken. Dafür ist die Kurzschrift, die man anwendet, ohne nachzudenken, ideal. Aber ich sehe natürlich ein, warum es sinnvoll war, die Kürzungen abzuschaffen.

Wie beobachtet das Brailleschriftkomitee die Schriftsprache? Woher erfährt es von Problemen im Schriftgebrauch?

Die Delegierten des Brailleschriftkomitees kommen aus den unterschiedlichsten Anwenderbereichen und besitzen eine hohe Brailleschriftkompetenz. Einige sind Braillelehrer für Schüler oder spät erblindete Erwachsene. Andere kommen aus dem Bereich Programmierung oder, wie ich, aus der Brailleproduktion. Jeder bringt seine Erfahrungen ein. Manchmal werden wir von unseren Entsendeorganisationen oder anderen Interessenvertretern, die Änderungswünsche haben, auch direkt kontaktiert. Letztendlich sind es auch die Brailleschriftanwender, die Vorschläge einbringen können. Sie können uns per E-Mail unter bskdl@bskdl.org erreichen.

Vielen Dank für das Interview, Frau Lehmann!

Kontakt zum Brailleschriftkomitee der Deutschsprachigen Länder:

E-Mail: bskdl@bskdl.org
Internet: www.bskdl.org

Das neue Regelwerk "Das System der deutschen Brailleschrift" erscheint in den nächsten Monaten und wird in der DZB in Braille- und Schwarzschrift zu beziehen sein.

Nachruf

Zum Gedenken an Dario Malkowski

„Der lesende Blinde“, so heißt eine Bronzeskulptur im Haus der DZB. Sie wurde von dem bedeuteten Bildhauer und Keramiker Dario Malkowski geschaffen. Er ist am 13. Dezember 2017 91-jährig in seiner Heimatstadt Schönebeck gestorben. Während des Zweiten Weltkriegs verlor Dario Malkowski mit 18 Jahren sein Augenlicht durch eine Granate und wurde zum Kriegsblinden. Nach Kriegsende absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Holzschnitzer. Im Anschluss studierte er von 1949 bis 1953 in Magdeburg an der Fachschule für angewandte Kunst und der gleichnamigen Leipziger Schule. Er war zeitlebens eng mit der DZB verbunden. Zum Abschied widmete ihm ein Freund ein Gedicht, das wir hier gern veröffentlichen.

Lebenskunst von Dr. Gerhard Polzin

Menschen gleichen einem Buch, viele kennt man nur vom Sehen./Häufig bleibt es beim Versuch, sie zu „lesen“ zu verstehen.

Schlägt man auf erneut „den Band“, manchmal gar nach vielen Jahren, / wird sein Wert oft erst erkannt, weil man selbst ist mehr erfahren.

Lieber Freund! In unserm Fall ist es grade s o gewesen./ Fand dein Werk längst überall, hab’ dich selbst erst jetzt „gelesen“.

Starker Wille, Mut und Kraft gaben deinem Traum die Schwingen, / bildnerische Meisterschaft trotz Erblindung zu erringen.

Kaum wäre das gelungen, ganz ohne eine liebe Hand./ Gemeinsam ward bezwungen, was dem Erfolg im Wege stand.

Dass wir zwei uns zugetan, haben wir als Glück erfahren./ Ernst, Humor und Lebensplan auf derselben „Welle“ waren.

Ein G r o ß e r ist gegangen, Bewunderung gilt seinem Tun./Er nahm uns ganz gefangen, wird stets in unsern Herzen ruh’n.

Das Buch ist zugeschlagen, vollendet ein erfülltes Sein./ Der Leitspruch: Nie verzagen! Präg’ sich uns durch d e i n Vorbild ein.

Gelesen und empfohlen

Zum Henker mit dem Henker

„Henkersmarie“ von Astrid Fritz – empfohlen von Heiko Kampa (Mitarbeiter Brailleschrift-Bibliothek)

Ein äußerst schöner und lesenswerter historischer Roman wurde gerade bei uns in Brailleschrift produziert: „Henkersmarie“ von Astrid Fritz! Maria wächst im 16. Jahrhundert in Rothenburg ob der Tauber als Tochter eines Henkers auf. Die Eltern versuchen, ihr und ihren Brüdern eine einigermaßen glückliche Kindheit zu ermöglichen. Aber die Umwelt und die Menschen mit ihrer Angst vor dem Henker lassen dies nur begrenzt zu. So muss Maria früh lernen, mit Unannehmlichkeiten ihres Standes zu leben. Sie selbst hat sich geschworen, nie und nimmer einen Henker zum Mann zu nehmen. Nun soll sie Caspar, den Sohn des Henkers zu Freiburg, heiraten. Verzweifelt sucht sie nach einer Lösung ihres Problems. Sie möchte diesem Berufsstand entkommen. Aber eigentlich ist Caspar ganz sympathisch...

Die Familie hat viele Höhen und Tiefen durchzustehen. Sie leidet darunter, dass sie nicht in die Gesellschaft integriert wird und nur wenige Freunde hat. Der interessierte Leser lernt einiges über den Beruf des Henkers. Die einzelnen Charaktere hat die Autorin liebevoll gestaltet. Es macht Spaß mit ihnen auf die Reise zu gehen, sie alle geben der Geschichte ein buntes Bild. Der geneigte Leser kann mitfiebern, ob Maria doch noch ein bisschen Glück findet.

Ein spannender historischer Roman, der wirklich sehr zu empfehlen ist!

5 Bände, Kurzschrift
Bestellnummer Ausleihe 18444,
Bestellnummer Verkauf 9251, 60 Euro

Heiter, melancholisch und voller Lebensweisheiten

„Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky – empfohlen von Liane Völlger (Bibliothekarin)

Wenn Selma von einem Okapi träumt, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist, wen es treffen wird. Was die Dorfbewohner alles beichten, weiter verbergen und wie sie überhaupt gestrickt sind, davon erzählt Mariana Leky in ihrem Roman. Neben dem Porträt eines Dorfes und seiner Bewohner, handelt das Buch vor allem von der Liebe, die gern unter ungünstigen Bedingungen in die Leben der Menschen tritt. So verliebt sich Luise, Selmas Enkelin, zum Beispiel in einen buddhistischen Mönch, der in einem Kloster in Japan lebt.

„Was man von hier aus sehen kann“ ist ein herzerwärmendes Buch mit einigen tragischen und sehr vielen wundersamen Momenten, die zeigen, was im Leben wirklich von Bedeutung ist.

1 CD DAISY (9:26 h), Bestellnummer: H041145

Technik getestet

Seeing AI: Eine App mit vielen Möglichkeiten

Ein Beitrag von Erol Sakinc

Ich möchte Ihnen eine kostenlose App vorstellen, die die Funktionen vieler bekannter Apps wie KNFB-Reader, Geldleser oder Light Detector vereint. Es handelt sich um Seeing AI. Diese App gibt es nur für iOS-Geräte und ist im App Store verfügbar. Seeing AI ist momentan leider nur in englischer Sprache vorhanden. Da die Oberfläche aber ziemlich einfach aufgebaut ist, dürfte das für die meisten Nutzer kein Problem darstellen.

Öffnet man die App zum ersten Mal, erscheinen fünf Informationsseiten, die man mit „Next Button“, der am Ende einer jeweiligen Seite steht, überspringen kann. Nach dieser Prozedur gelangt man auf die Oberfläche der App.

Wie die Oberfläche aussieht

Wenn man von links nach rechts wischt, sind folgende Elemente zu sehen:

Menü: Hier kann man verschiedene Einstellungen vornehmen, z. B. kann man bei der Personenerkennung Namen und Bilder zuordnen.

Quick Help: Hier hat man einen kleinen Hilfetext in englischer Sprache.

Pause Announcements: Damit kann ich Ansagen pausieren lassen, die von der App gemacht werden.

Channel: Das ist, wenn man so will, das Hauptelement. Steht man auf diesem Element, entsteht im Rotor der Eintrag „Wert anpassen“. Also können Sie den Eintrag auf diesem Element mit einem Fingerwisch nach oben oder unten verändern.

Die Einstellmöglichkeiten

Wenn Sie auf dem Channel stehen, heißt der erste Eintrag „Short Text“. Damit lassen sich Kurztexte lesen, ohne dass man ein Bild davon machen muss. Damit kann man z. B. eine Absenderadresse auf einem Umschlag erkennen.

Wischen Sie jetzt mit einem Finger nach oben, verändert sich der Eintrag. Der heißt dann „Document“. Hier können Sie längere Texte einscannen und sich diese vorlesen lassen. Dafür muss man von dem Dokument ein Bild machen.

Und so gehen Sie dabei vor: Sobald Sie „Document“ auswählen, steht auf der Elementeleiste ein neues Element: „Take Picture“ (Mach ein Bild). Nun halten Sie Ihr iPhone 30 cm über das einzuscannende Dokument und machen beim „Take Picture“ einen Doppeltipp. Sie erhalten ein gutes Ergebnis, je stiller Sie die Kamera halten.

Product: Das ist ein Barcode-Leser. Wie bei allen Barcode-Lesern ist hier das Problem, dass man als blinde Person wissen muss, wo sich der Barcode ungefähr befindet. Der Vorteil hierbei ist, dass man kein Foto von dem Barcode machen muss. Man führt die Kamera so lange über das Produkt, bis man den Barcode findet. Wenn man in der Nähe des Barcodes ist, hört man einen Hinweiston.

Person: Das ist die Personenerkennung. Dafür muss man die Rückseite der Kamera nehmen und vor ein Gesicht halten. Die App sagt einem, wenn sie ein Gesicht erkennt. Dann macht man ein Bild. Danach erfolgt eine Bildbeschreibung. Man muss drei Fotos von einer Person machen und dieser bei den Einstellungen einen Namen zuweisen. Wenn man später die Kamera vor das Gesicht dieser Person hält, erkennt die App die Person wieder.

Currency Preview: Hier erkennt die App Geldscheine. Sie halten den Geldschein vor die Kamera und warten, bis das Ergebnis kommt.

Scene Preview: An dieser Stelle kann man ein Foto machen, und die App beschreibt Ihnen, was auf dem Foto zu sehen ist.

Coulor Preview: Das ist die Farberkennung. Wie bei vielen Apps dieser Art ist die Farberkennung hier auch unzuverlässig. Besonders bei bunten Kleidungsstücken gibt es Probleme.

Handwriting Preview: Hier soll die App Handgeschriebenes erkennen. Das scheint noch in der Experimentierphase zu sein, denn bei drei Versuchen, die ich gemacht habe, konnte keine Schrift entziffert werden.

Light: Das ist ein Lichtsensor. Anhand des zu hörenden Tons können Sie feststellen, ob Licht vorhanden ist, und wie Intensiv das Licht ist. Je intensiver das Licht, desto höher wird der Ton.

Zusammengefasst kann man sagen, dass Seeing AI eine App mit vielen Möglichkeiten ist, die aber auch viel Entwicklungspotential hat.

Fragebogen

Sechs Fragen – sechs Antworten

Mitarbeiter, Partner, auch Freunde der DZB antworten auf unsere Fragen. Diesmal André Schüttel (Informatik):

Was ist Ihre Aufgabe in der DZB?

Ich bin verantwortlich für alle Arbeitsplatz-Rechner. Von der Installation des Betriebssystems und Anwendungsprogrammen bis zu täglichen Hilfestellungen, wenn mal was nicht so klappt. Weiterhin entwickle ich Anwendungen rund um die Mediendatenbank, um Abläufe zu unterstützen, z. B. müssen die Hörbücher ja irgendwie auf die CD kommen, wenn sie fertig gelesen wurden.

Welche Arbeit haben Sie gerade auf dem Tisch?

Zurzeit habe ich einen defekten Rechner hier. Der braucht eine neue Festplatte und danach wieder eine Betriebssystem- und Anwendungsinstallation.

In meiner Freizeit beschäftige ich mich am liebsten mit …

der Familie ausspannen, lesen, TV, ...

Welche drei Dinge würden Sie auf eine Insel mitnehmen?

Meine Familie, das sind schon mal zwei und ein Tablet-PC (vorausgesetzt es gibt dort WLAN).

Haben Sie ein Buch, das Sie empfehlen können?

Gerade lese ich "Die Brücken der Freiheit" von Ken Follett. Sehr guter Autor. Vorher hatte ich die "Jahrhundertsaga".

Ihr Lebensmotto?

Geht nicht, gibt's nicht; geht schwer gibt's.

Rätsel

Machen Sie mit und gewinnen Sie!

Wir wollen wissen: Welches Museum beauftragte die DZB, einen Reliefführer durch seine Dauerausstellung herzustellen?

Schicken Sie Ihre Antwort bis 4. Mai 2018 per E-Mail (presse@dzb.de) oder per Post an: DZB, Kennwort Rätsel, Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig

Das können Sie gewinnen: einen Taschenkalender in Brailleschrift (FLEXI) bzw. einen Taschenkalender in MAXI-Druck (COMFORT)

Mitarbeiter der DZB können nicht teilnehmen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Auflösung aus 4/2017

Die richtige Antwort lautet: Das neue Bastelbuch der DZB heißt „Füll mich!“

Die glückliche Gewinnerin eines Reliefkalenders 2018 heißt: Silvia Hame. Herzlichen Glückwunsch!

Sudawo – Such das Wort

Suchen Sie das Wort, das sich aus allen 9 Buchstaben bilden lässt.
Beispiel: HLNAAMDBE
Lösung: Abendmahl

  1. SELAILUPB
  2. WICSDLLHA
  3. REOWENNHI

Auflösung siehe unten.
Weitere Rätsel finden Sie in „Sudawo“ (1 Bd., Vollschrift, BN-Verkauf 8154, 1 Bd., Kurzschrift, BN-Verkauf 8155, je 12 Euro).

Impressum

Herausgeber, Herstellung, Vertrieb

Deutsche Zentralbücherei für Blinde (DZB)
Gustav-Adolf-Straße 7, 04105 Leipzig
Tel.: 0341 7113-0, Fax: 0341 7113-125
E-Mail: info@dzb.de
www.dzb.de

Redaktion

Gabi Schulze
Tel.: 0341 7113-148, E-Mail: gabi.schulze@dzb.de

Abonnements, Anzeigen

Sylvia Thormann

Tel.: 0341 7113-120, E-Mail: abo@dzb.de

»in puncto DZB« wird vier Mal im Jahr kostenfrei per E-Mail versandt und online unter www.dzb.de veröffentlicht.

Die Zeitschrift erscheint kostenpflichtig wahlweise als CD DAISY sowie in Blindenkurzschrift.

  • Jahresbezugspreis Braille-Ausgabe: 9 Euro
  • Jahresbezugspreis CD DAISY: 9 Euro

Das kostenpflichtige Abonnement gilt bis zum Ende des Kalenderjahres und verlängert sich automatisch um ein Jahr, wenn es nicht spätestens bis zum 30. September gekündigt wird. Bei Bestellung im laufenden Kalenderjahr erfolgt die Preisberechnung anteilig.

Es gelten unsere AGB. Die vollständigen AGB finden Sie im Internet unter www.dzb.de/agb, auf Wunsch senden wir Ihnen diese gern zu.

DZB 2018

Spenden

Förderverein »Freunde der DZB e.V.«
Sparkasse Leipzig
IBAN DE44 8605 5592 1100 8300 10
BIC WELADE8LXXX

Auflösung Sudawo

  1. plausibel
  2. Wildlachs
  3. Einwohner